Capitalism Lab (CL)

Kurze Spielbeschreibung

Capitalism Lab (CL) ist ein komplexes, sehr vielschichtiges und vergleichsweise realistisches Wirtschaftssimulationsspiel mit sehr hohem Lernpotenzial. Der Fokus liegt dabei weniger im Mikromanagement einzelner Unternehmen, wie dies etwa bei Software Inc. der Fall ist, als im Aufbau und Führen eines Unternehmenskonglomerats mit zahlreichen Handlungsmöglichkeiten. So können unterschiedlichste Einzelhandelsunternehmen, Fabriken, landwirtschaftliche Betriebe und Bergbauunternehmen gegründet und miteinander in Beziehung gebracht werden. Dabei lassen sich Unternehmensnetze über mehrere Länder mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen (z.B. Lohnkosten, Kaufkraft) gestalten, so dass Produkte beispielsweise in Niedriglohnländern hergestellt und in wohlhabenderen Städten verkauft werden können. Die Nachfrage lässt sich über die Preisgestaltung, Marketingmaßnahmen und die Qualität beeinflussen, ist aber auch erheblich von den Aktivitäten der Konkurrenz abhängig. Weiterhin sind Bereiche wie Kostenrechnung oder Aktienhandel inkl. der Möglichkeit zur Übernahme von Unternehmen realitätsnah im Spiel abgebildet.

Die Grundzüge von Capitalism Lab sind im Verhältnis seiner Komplexität und seines Umfangs vergleichsweise leicht zu erlernen, was auch den Tutorials zu verdanken ist. Bis ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge erworben wird und das Spiel auch auf höheren Schwierigkeitsgraden bewältigt werden kann, sind hingegen mehrere Spieldurchläufe und ggf. die Auseinandersetzung mit dem Handbuch und einschlägiger Internetforen notwendig. Gleichwohl ergibt sich hieraus auch ein hoher Wiederspielwert und die erhebliche Langzeitmotivation von Capitalism Lab.

Angesichts seiner hohen Komplexität und des Abstraktionsgrads ist Capitalism Lab vor allem für Erwachsene und Schüler der Sekundarstufe II geeignet. Zwar ist das Spiel eigentlich auf Englisch, allerdings lässt sich mit wenig Aufwand eine deutschsprachige Mod einrichten. Es ist ausschließlich über die Website des Herstellers capitalismlab.com zu einem Preis von 20 US-$ erhältlich. Allerdings können Schulen 40 Lizenzen für drei Jahre kostenlos erhalten und das Spiel danach zu einem reduzierten Preis erwerben. Capitalism Lab verfügt lediglich über einen Einzelspielermodus. Mit der älteren Software Capitalism 2, die sich im Bundle mit Capitalism Lab sehr günstig erwerben lässt, sind hingegen auch Mehrspielerpartien möglich. Allerdings hat Capitalism 2 nicht alle Funktionalitäten und läuft auf modernen Betriebssystemen und höheren Auflösungseinstellungen nicht stabil. Beide Versionen sind lediglich für Windows verfügbar und stellen nur geringe Anforderungen an die Hardware.

 

 

Kompetenzbereiche

 

  A) Entscheidung und Rationalität

 +++

  B) Beziehung und Interaktion

+

  C) Ordnung und System

+++

 

 

Kategorien

 

Arbeitsteilung/Kooperation

 +

Bedürfnis

 +

Effizienz/Kosten-Nutzen-Denken

 +

Vernetzung/Interdependenz/
Kreislauf

 +

Knappheit

 +

Opportunitätskosten

 +

Rationalität

 ++

Risiko/Unsicherheit

 ++

Wachstum

 ++

Wettbewerb

 ++

Koordination/Wirtschafts-ordnung

 +

Zielkonflikt

 +

Erläuterung

+ wenig    ++ mittel    +++ viel

Inhalte:

- Funktionieren von Märkten inkl. Angebot und Nachfrage, Wettbewerb, Preisgestaltung;
- Bedeutung von Marketing sowie Forschung und Entwicklung;
- Optimierung von Wertschöpfungsketten; Kostenrechnung; Aktienhandel; Übernahme von Unternehmen;
- makroökonomische Aspekte wie Einfluss des Zinsniveaus auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Nachfrage

cl-beschreibung-anleitung (PDF, 1,66 MB)
Lernpotenzial 

Lebenssituationen

Wie auch bei anderen Business Simulation Games lassen sich mit Capitalism Lab vor allem wirtschaftliche Kompetenzen fördern, die für die Lebenssituation von Erwerbstätigen relevant sind. Indem der Spieler für Schüler ungewohnte Rolle und Perspektive eines Unternehmers übernimmt, vermag das Spiel einen wesentlichen Beitrag zur Entrepreneurship Education zu leisten. Die entsprechenden Inhalte sind sehr umfassend beinhalten beispielsweise Standortwahl, Preisgestaltung, Bedeutung von Marketing sowie Forschung und Entwicklung, die Optimierung von Wertschöpfungsketten und Kostenrechnung.

Darüber hinaus werden jedoch auch Aspekte der finanziellen Bildung angesprochen, die für Verbraucher bzw. Investoren von Bedeutung sind. Dies betrifft in erster Linie die in Capitalism Lab vorhandene Möglichkeit, eine Vielzahl von Unternehmen detailliert zu analysieren und mit deren Aktien zu handeln.

Das Spiel weist durch seine makroökonomischen Elemente auch einen Bezug zu Lebenssituationen von Bürgern auf. So wird das Funktionieren von Märkten, die Bedeutung von Wettbewerb oder der Einfluss des Zinsniveaus auf die wirtschaftliche Entwicklung adressiert.

 

Kompetenzen

A - Entscheidung und Rationalität

In Capitalism Lab sind sehr viele Entscheidungen zu treffen, deren Effekte (kritisch) beobachtet werden und die bei Bedarf revidiert werden können. Dies betrifft beispielsweise die Wahl herzustellender oder zu verkaufender Produkte, Standortentscheidungen über Überlegungen zur Preisgestaltung, zu den Marketingausgaben oder für Investitionen in Forschung und Entwicklung. Durch die Vielzahl an Entscheidungen und die Rückmeldungen, die die Spieler in Form der Kosten-, Absatz- und Gewinnentwicklung erhalten, vermag die Kompetenz zum Treffen rationaler Entscheidungen zu fördern.

B – Beziehung und Interaktion

Beziehung und Interaktion ist im Spiel zum einen durch Kunden-Lieferanten-Verhältnisse abgebildet, bei denen die Geschäftspartner zum gegenseitigen Vorteil miteinander kooperieren können. Dies wird in echten Multiplayerspielverläufen, wie sie in Capitalism 2 möglich sind, besser erfahrbar als bei den vom Computer gespielten Unternehmen in Capitalism Lab. Eine andere Dimension dieses Kompetenzbereichs ergibt

Dieser Kompetenzbereich wird durch Democracy 3 in deutlich geringerem Umfang gefördert. Immerhin findet er sich wieder, indem unterschiedliche Interessenkonstellationen im Spiel zu berücksichtigen sind. So werden Entscheidungen von verschiedenen Wählergruppen unterschiedlich bewertet, z.B. sehen wohlhabende Bürger eine Erhöhung der Erbschaftssteuer deutlich kritischer als dies bei ärmeren Bevölkerungsschichten der Fall ist.

C – Ordnung und System

Dieser Kompetenzbereich wird durch Capitalism Lab vor allem durch ein verbessertes Verständnis von Marktprozessen sowie des Einflusses von makroökonomischen Faktoren wie Kaufkraft, Reallohnniveau oder Zinshöhe verbessert.

 Kategorien

  • Arbeitsteilung findet sowohl zwischen unterschiedlichen Unternehmen (Lieferanten-Kunden-Beziehungen) als auch innerhalb des eigenen Unternehmens (verschiedene Abteilungen für Einkauf, Produktion, Forschung etc.) statt. Dabei wird deutlich, dass mit Arbeitsteilung Effizienzvorteile einhergehen.
  • Auf Effizienz ist auch im Hinblick auf die Auslastung der vorhandenen Ressourcen zu achten. So sollten nicht nur die Produktionsanlagen gut genutzt werden, sondern auch die Einkaufseinheiten bei Geschäften. So bietet sich auch an, für jede Einkaufseinheit zwei Verkaufseinheiten vorzusehen, da die Verkaufseinheiten schneller ausgelastet sind.
  • Die Bedürfnisse der Kunden spiegeln sich in der Nachfrage nach Produkten wieder. Dabei gilt es für verschiedene Produkte auf die spezifischen Präferenzen im Hinblick auf Marke, Qualität und Preis zu achten. Beispielsweise sind für Nahrungsmittel die Kriterien Qualität und Preis wichtiger, während bei Bekleidung der Marke eine höhere Bedeutung zukommt.
  • Knappheit ist nicht nur bei den finanziellen Mitteln gegeben, sondern auch bei Geschäften in attraktiver Lage oder gelegentlich beim Kauf benötigter Vorprodukte.
  • Kosten-Nutzen-Denken ist beispielsweise notwendig bei der Frage, ob Produkte selbst hergestellt oder bei anderen Unternehmen gekauft werden sollten. Ähnliches gilt für den Kauf von Technologie oder deren eigene Erforschung. Auch Entscheidungen bzgl. Marketinginvestitionen oder Fortbildungsmaßnahmen sollten unter dem Gesichtspunkt ihres Kosten-Nutzen-Verhältnisses erfolgen.
  • Viele Entscheidungen unterliegen einem gewissen Risiko. So ist beispielsweise vor dem Bau einer Fabrik nicht sicher, dass die Produkte mit hinreichendem Gewinn verkauft werden können. So können sich Absatzschwierigkeiten aufgrund einer schlechteren Wirtschaftslage oder neuer Konkurrenten ergeben.
  • Ein wesentliches Element von Capitalism Lab besteht im Wachstum des Unternehmens, da nur so höhere Gewinne erzielbar sind. Darüber hinaus ergeben sich mit zunehmender Unternehmensgröße mehr Möglichkeiten und Synergieeffekte. So lohnt sich Forschung und Marketing für größere Unternehmen mehr. Auch bedarf es hinreichender Größe und finanzieller Mittel, um Konkurrenten unter Druck zu setzen oder sie aus dem Markt zu drängen.
  • Zielkonflikte ergeben sich an mehreren Stellen, etwa bei der Frage der Erhöhung des Marktanteils, was aufgrund niedrigerer Preise zu sinkenden Margen führen kann.
  • Capitalism Lab schärft das Verständnis für Vernetzung und gegenseitige Abhängigkeiten, indem es zahlreiche und komplexe Beziehungen zwischen Kunden und Lieferanten abbildet. Dies wird spätestens dann deutlich, wenn ein Lieferant die benötigten Vorprodukte nicht mehr zur Verfügung stellen kann oder will und deswegen die eigene Produktion stillsteht.
  • Ein Verständnis für Rationalität wird fast durchgängig durch das Spiel gefördert, was implizit durch Kategorien wie Effizienz und Kosten-Nutzen-Denken erfolgt, aber auch durch Konfrontationen mit Situationen, die ggf. zu irrationalem Verhalten verleiten. So mag sich ein Spieler evtl. durch neue Wettbewerber herausgefordert fühlen und sich in einen ruinösen Wettbewerb verwickeln lassen, obwohl der Wechsel in einen vielversprechenderen Markt möglicherweise die bessere bzw. rationalere Alternative sein könnte.

Inhalte

Inhaltlich deckt Capitalism Lab zahlreiche Aspekte ab, die für das Führen eines Unternehmens bzw. Konzerns von Bedeutung sind: Standortwahl unter Berücksichtigung zahlreicher Kriterien, Kostenrechnung, Gestaltung von Kunden-Lieferanten-Beziehungen bzw. Wertschöpfungsketten, Sortimentsgestaltung, Produktpositionierung abhängig von den Kundenpräferenzen, Preisgestaltung, Auswirkungen von Konkurrenz und Umgang mit Wettbewerbern, Investition in Aktien. Darüber hinaus wird für die Bedeutung von etlichen weiteren Aspekten sensibilisiert, wenngleich auf etwas abstrakterer Ebene, beispielsweise bzgl. Forschung & Entwicklung, Werbung oder Mitarbeiterqualifikation.

Fachliche Fehler

Inhaltlich ist Capitalism Lab kaum zu beanstanden. Lediglich bei der deutschen Variante wurden einige Begriffe etwas ungeschickt und missverständlich übersetzt.

Unterrichtseinsatz

Angesichts seiner Komplexität und seines Umfangs bedarf es einiger Zeit, Capitalism Lab zu erlernen. Allerdings weist es durch seine klare Fokussierung auf wirtschaftliche Fragen und vergleichsweise wenig ablenkende Elemente ein vergleichsweise gutes Verhältnis von Zeitbedarf und Lernwirkungen auf. Insofern ist der Einsatz von Capitalism Lab im Unterricht durchaus angemessen und könnte in diesen Schritten erfolgen:

  1. Spielen aller oder ausgewählter Tutorials mit Reflexion nach jedem Tutorial. Die Tutorials ermöglichen eine strukturierte Einführung in die wichtigsten Spielmechanismen, ohne dass die Lehrkraft im Vordergrund stehen müsste. Gleichwohl bietet sich immer eine Reflexion an, in der aufgetretene Probleme und Fragen erörtert werden sollten. Des Weiteren gilt es, über die inhaltlichen Aspekte zu sprechen und diese ggf. zu vertiefen. Je nach Vertiefungswunsch und Lernzielen kann die Reflexion recht umfassend werden und auch den Charakter „normalen“ Unterrichts annehmen.
  2. Nachdem die Schüler mit den spielerischen und inhaltlichen Teilaspekten des Spiels (bzw. der Gründung und Führung von Unternehmen) vertraut sind, sollten sie Gelegenheit erhalten, das Spiel über einen gewissen Zeitraum zu spielen. Je nach Rahmenbedingungen und Lernzielen bietet sich hierfür i.d.R. ein Custom oder Challenge Game an, bei denen sich auch der Grad des makroökonomischen Realismus auf hoch setzen lässt, was interessante Analysen ermöglichst. Im Einzelfall mag sich auch das Spielen eines ausgewählten Szenarios anbieten.
    Auch in dieser Phase bieten sich gelegentliche Zwischenreflexionen an, so dass sich die Schüler über ihre Strategien, Erfahrungen und Probleme austauschen können. Auch vermag die Lehrkraft hilfreiche Impulse zu geben und somit eventueller Frustration vorzubeugen und die Lernwirkungen des Spiels zu unterstützen. Um sowohl in den Zwischenreflexionen als auch in der folgenden Abschlussreflexion hinreichend substanziell diskutierten zu können, sollten die Spieler dazu angehalten werden, sich während des Spiels Notizen zu machen. Geeignete Leitfragen hierfür könnten sein:
  •    - Warum haben Sie eine bestimmte Entscheidung getroffen? Hat sie sich wie erwartet ausgewirkt? Falls nicht, warum nicht?
  •    - Welche Schwierigkeiten hatten Sie? Was haben Sie gelernt?
  •    - Auf welche Produktgruppen und welche Wirtschaftszweige (Verkauf, Produktion, Landwirtschaft, Abbau von Bodenschätzen) haben Sie sich spezialisiert? Warum? Was für Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
  •    - Welche Bedeutung kommt dem Marketing, der Forschung und Entwicklung, den
  •    - Welche Faktoren beeinflussten Ihre Entscheidungen im Hinblick auf Standortwahl Ihrer Unternehmen?
  •    - Aufgrund welcher Informationen bzw. Überlegungen haben Sie Aktien von Unternehmen erworben? Wie haben sich Ihre Aktieninvestitionen entwickelt?
  •    - Welche Bedeutung hatte die Kostenrechnung für Ihre Entscheidungen?
  1. Zum Abschluss gilt es erneut eine Reflexion durchzuführen, um die Lernwirkungen zu sichern und Gelerntes zu vertiefen bzw. mit anderen Wissenselementen zu verknüpfen. Dies kann sich an den oben angeführten Leitfragen orientieren. Auch bietet sich an, das dem Spiel zugrunde liegende Modell zu hinterfragen und einen Bezug zu den ökonomischen Denkschemata bzw. Kategorien herzustellen.

Als Sozialform bietet sich die Gruppenarbeit an. Neben den Vorteilen des sozialen Lernens können sich die Lernenden bei auftretenden Problemen gegenseitig unterstützen und bei schwierigeren Entscheidungen mehrere Perspektiven einbringen. Außerdem werden so weniger Rechner benötigt.

Weiterführende Links

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